Lara Möller ist Politikwissenschafterin an der Universität Wien und arbeitet zu Politischer Bildung. Im Blog schreibt sie über die Herausforderung Corona-Krise für die Demokratie und was wir demokratiepolitisch daraus lernen können.
Unser Alltag hat sich innerhalb weniger Wochen verändert: COVID-19 bestimmt sämtliche Lebensbereiche und wirkt sich dabei auf den öffentlichen Raum, aber auch auf den privaten Bereich aus. Vieles von dem, was wir aktuell erleben, bringt große Krisen und Herausforderungen für die Demokratie mit sich. Aus diesen Erfahrungen müssen wir lernen, um so auch neue Chancen und Perspektiven zu eröffnen.
Die Krisenhaftigkeit der Pandemie
Die Pandemie-Krise fordert unseren Alltag und die Demokratie heraus. Aktuell erleben wir multiple Krisen, erfahren Gefühle von Angst, Machtlosigkeit und Verlust von Vertrautem. Das liegt an der Belastung durch das Virus an sich, an tatsächlichen Verlusterfahrungen und Zukunftsängsten sowie an geforderter Selbstdisziplinierung. Schließlich betrifft das auch die gesetzten Maßnahmen, Bedingungen und das derzeitige Fehlen von Perspektiven.
Die aktuelle Ausnahmesituation erfordert außergewöhnlichen Handlungsbedarf, der das demokratische Selbstverständnis herausfordert. Zur „neuen Normalität“ gehören auch gesetzte Normen, die zukünftig kein Dauerzustand sein sollten.
Mitwirken der Gesellschaft
Demokratie bedeutet nicht nur das Funktionieren von institutionellen Strukturen und Abläufen. Sie braucht für ihr längerfristiges Funktionieren und ihre Legimitation die Mitwirkung der Zivilgesellschaft. Sie ist dabei nicht statisch, sondern sie besteht durch Diskurse, Teilhabe und gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Und sie lebt auch von Konflikt, von Kritik und von Alternativen. Was aktuell passiert, hat einen ambivalenten Charakter. Das heißt, dass gesetzte Maßnahmen ordnungspolitisch wichtig sind, um der Pandemie zu begegnen. Gleichzeitig müssen aktuelle Entwicklungen kritisch diskutiert werden. Was das bedeutet, habe ich mit zwei Kolleginnen in diesem Blogbeitrag beschrieben. Aktuell sollten wir schließlich neben den Krisen auch über Perspektiven nachdenken.
Was wir nach dem Corona-Schlaf tun sollten
Als Politikwissenschafterin arbeite ich zu Politischer Bildung und befasse mich besonders mit den lernenden Bürger*innen. Wie unser Alltag und unsere Demokratie im Rahmen der „neuen Normalität“ mit oder nach dem Virus aussehen werden, hängt zu einem großen Teil auch von uns als Gesellschaft ab. Um aus der aktuellen Krise zu lernen, brauchen wir Perspektiven sowie Kritikfähigkeit und Selbstermächtigung. Das betrifft ganz viele Bereiche, ein paar ausgewählte möchte ich hier ansprechen.
- Wir sollten aus vergangenen Krisen lernen. Sozialer Zusammenhalt darf sich nicht auflösen, bestimmte soziale Gruppen dürfen nicht noch weiter ausgegrenzt werden. Was wir deshalb besonders brauchen werden, sind Empathie und Solidarität. Das bedeutet, über den eigenen Tellerrand zugunsten Prekarisierter zu schauen. Und das kann auch wehtun, insbesondere wenn wir zu den Privilegierten gehören.
- Zivilgesellschaftliche Ohnmacht und Machtlosigkeit sind demokratiehinderlich. Wir müssen uns weiter politisieren, das gilt nun umso mehr für den privaten Bereich: Dinge wie Gewalt und Diskriminierung dürfen in keiner Form unsichtbar werden und müssen Bestandteil öffentlicher Diskussionen und Empörung sein.
- Grenzschließungen dürfen nicht zu anhaltenden Barrieren führen. Und auch außerhalb nationaler Grenzen muss Solidarität mit Schutzsuchenden eingefordert werden. Grenzöffnungen sind demokratische Errungenschaften und nationale Abschottung darf perspektivisch nicht weiter legitimiert werden.
- Notwendigkeiten wie Umwelt- und Klimaschutz müssen auch nach der Krise im öffentlichen Interesse bleiben, zivilgesellschaftliche Leistungen müssen hier sichtbar sein und weiterentwickelt werden.
Um aus der Pandemie zu lernen, gehört es also dazu, aktuelle Entwicklungen zu reflektieren, diskutieren und kritisieren. Demokratiepolitische Perspektiven können wir nur schaffen, wenn wir als Einzelne*r, aber auch kollektiv als Zivilgesellschaft derzeitige Schieflagen und Alternativen aufzeigen. Wir müssen versuchen, gemeinsam handeln und gestalten zu können. Eine neue Normalität kann auch eine Chance sein, Bereiche, die vor der Pandemie krisenhaft waren, neu zu überdenken. Auch die Politische Bildung bringt sich aktuell vielfältig in die Diskussion ein. Neben der Zivilgesellschaft ist deshalb auch der kritische wissenschaftliche Austausch mithilfe vieler Disziplinen besonders wichtig.
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Zum Corona-Dossier im uni:view-Magazin (© iXimus/pixabay)
Dieser Blogbeitrag ist wie eine Mischung aus Abenteuerroman und Wissenschaftsthriller – man kann förmlich die Hitze der Lava spüren und den Schwefelgeruch in der Luft riechen! Was mich besonders fasziniert: Wie habt ihr es geschafft, trotz des stürmischen Wetters und der unvorhersehbaren Naturkräfte, so viel wissenschaftliche Präzision und Akribie in eure Beobachtungen zu legen? Welche Herausforderung war für dich persönlich die größte auf dieser Reise?
Zu meiner Zeit hat es soetwas leider noch nicht gegeben. Super, dass das noch dazu auch noch überparteilich ist. Klimaschutz ist die wichtigste Überlebensfrage unserer Zeit. Ewiges Wachstum gibt es nicht. irgendwann ist es vorbei. Der Kapitalismus wird fossil dominiert bleiben. So kann es nicht weiter gehn.