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von Alice Königstetter
am 9. Februar 2023
ungefähr 4 Minuten
Kategorien: International

KWA-Aufenthalt in Kuwait City: Forschen bei bis zu 50 Grad Außentemperatur

Doktorandin Alice Königstetter vom Institut für Orientalistik forschte im Frühsommer 2022 neun Wochen lang zu zeitgenössischer Literatur in Kuwait. Ein KWA-Stipendium ermöglichte den wissenschaftlichen Aufenthalt.


Forschen mit Hindernissen

Pandemie-bedingt musste der KWA-Aufenthalt im kleinen Golfstaat Kuwait immer wieder verschoben werden. Bis knapp vor der Abreise Ende April 2022 war nicht klar, ob eine Einreise tatsächlich möglich sein wird. Da aber mit 1. Mai sämtliche Restriktionen rund um die Pandemie aufgehoben wurden und damit das soziale Leben uneingeschränkt wieder aufgenommen wurde, konnte der Zeitpunkt für die Forschungsreise kaum besser sein.

 

Archiv– und Literaturrecherche im kleinen Golfstaat

Bereits in meiner Master-These beschäftigte ich mich mit Frauenliteratur vom Arabischen Golf und wusste, dass der Buchmarkt in den Golfstaaten fragmentiert ist. Oftmals sind literarische Werke außerhalb der Region nur schwer zugänglich, weshalb eine Reise bereits von Beginn meines Dissertationsprojektes geplant war. Der KWA-Aufenthalt war auch deshalb essenziell, da relevante Literatur oft vergriffen und nur noch in Bibliotheken zu finden ist.

Bild des Eingangbereichs der Jaber Al-Ahamd Zentralbibliothek der Universität von Kuwait
Eingang der Jaber Al-Ahmad Zentralbibliothek, Universität von Kuwait, Shuwaikh Campus © Alice Königstetter

Besonders ergiebig erwies sich die Recherche in der Bibliothek der Universität von Kuwait, die eine Unmenge an online Ressourcen als auch Werken vor Ort zu bieten hatte. Darüber hinaus waren die Buchhandlungen „Sophia“, „Takween“ und „Bliss and Paper“ besonders für meine Arbeit zu marginalisierten Gesellschaftsgruppen geeignet. Die Werke, die in diesen Läden angeboten werden, sind sorgfältig kuratiert. Sie bestehen aus lokalen Autor*innen, Übersetzungen von Weltliteratur ins Arabische, als auch Philosophie und Geschichte.

 

 

„Wasta“ – oder Vitamin B

Zur Vorbereitung eines jeden Forschungsaufenthaltes empfiehlt es sich auf jeden Fall, nach Möglichkeit bereits vorab Kontakte mit relevanten Expert*innen zu knüpfen. „Wasta“, was auf deutsch mit „Mittelsperson“ übersetzt werden kann, ist in Kuwait ganz besonders wichtig. Viele meiner Gespräche und Kontakte kamen primär dadurch zustande, dass ich mir bereits im Vorfeld im Zuge von internationalen akademischen Veranstaltungen ein Netzwerk aufgebaut hatte. Eine Forschungsreise ins Ausland – insbesondere, wenn man mit der Umgebung noch nicht allzu vertraut ist, sollte gut geplant sein. Sich über seine Pläne mit Kolleg*innen auszutauschen ist oft ebenfalls hilfreich.  Auf das Centre français de recherche de la péninsule Arabique (CEFREPA), das mir die lokale wissenschaftliche Einbettung gab (diese ist für einen KWA-Aufenthalt unabdinglich), kam ich beispielsweise durch den Tipp einer Kollegin. Glücklicherweise ist an das Institut auch eine Unterkunft für Forscher*innen angeschlossen. Das vereinfachte den logistischen Aspekt des Aufenthalts maßgeblich, da es in Kuwait City üblich ist, sich ausschließlich mit einem Auto bzw. Taxi fortzubewegen, was das Reisebudget schnell schrumpfen lassen kann.

 

Kulturelles Leben in Kuwait

Bild der Autorin Alice Königstetter mit der Autorin Shahd Alshammari
Alice Königstetter bei der Lesung der Memoiren „Head Above Water“ mit Autorin Shahd Alshammari im Juni 2022 © Alice Königstetter

Kuwait ist mit rund 17.818 km² das drittkleinste Land der Arabischen Halbinsel. Die kulturelle Vielfalt hierfür ist erstaunlich. Zu den Highlights meines Aufenthalts zählte unter anderem die Möglichkeit an Autogrammstunden von zwei kuwaitischen Autorinnen teilzunehmen, deren Werke in meiner Dissertation einen zentralen Stellenwert einnehmen. Der Austausch mit Autorin und Professorin Shahd Alshammari, sowie anderen Akademiker*innen trug nicht nur ganz wesentlich zum Verständnis für regionaler Literatur, sondern half auch maßgeblich bei der Ausformulierung wissenschaftlicher Fragestellungen meines Dissertationsprojektes.

 

 

Als Forscherin allein unterwegs

Da man als europäische Doktorandin oft gefragt wird, ob man auf der Arabischen Halbinsel als Frau problemfrei forschen kann, möchte ich abschließend sagen, dass Kuwait für Akademikerinnen sicher ist. Es wird zwar gern gesehen, wenn Frauen sich konservativ kleiden (d.h. in der Regel, dass Schultern und Dekolleté bedeckt werden und Röcke bis unters Knie reichen sollten), Treffen mit Experten des anderen Geschlechts im öffentlichen Raum sind aber beispielsweise ohne weiteres durchführbar. Das alleinige Bewegen in der Öffentlichkeit ist üblich und auch uneingeschränkt möglich. Ein Aufenthalt in Kuwait zu Recherchezwecken ist deshalb für Forscherinnen zu empfehlen.

 

 

 


Alice Königstetter

Alice Königstetter ist Doktorandin am Institut für Orientalistik der Universität Wien. Sie forscht zu marginalisierten Gesellschaftsgruppen und Identitätstransformationen in zeitgenössischer Prosaliteratur am Arabischen Golf.


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