Valentina studiert Lehramt Englisch/Spanisch und Romanistik an der Uni Wien. Sie erklärt, warum das Lernen von Minderheitensprachen wie Katalanisch gegen die Marginalisierung bestimmter Sprachen und deren Kulturen wirkt und welche persönlichen Vorteile man daraus ziehen kann.
Was ist Katalanisch überhaupt?
„Katalanisch? Das ist doch ein Dialekt im Spanischen, oder?“ Sätze wie dieser begleiten mich bereits, seit ich mich vor ungefähr einem Jahr dazu entschloss, am Institut für Romanistik einen Katalanisch-Kurs zu belegen. Um diesen Mythos gleich von Beginn an zu widerlegen: Nein, Katalanisch ist kein Dialekt, sondern eine eigenständige Sprache, welche sich – genauso wie beispielsweise Spanisch, Italienisch oder auch Französisch – direkt aus dem Vulgärlatein entwickelte. Das Einzige, was das Katalanische von den gerade erwähnten dominierenden romanischen Sprachen unterscheidet, ist die Tatsache, dass es im Verlauf seiner Geschichte immer wieder Marginalisierungen, Verfolgungen und systematischer Minorisierung ausgesetzt war und es teilweise immer noch ist.
Wie ich zu dieser Sprache fand
Zwischen der katalanischen Sprache und meiner Person war es quasi Liebe auf den ersten Blick. Da ich Spanisch und Englisch im Master auf Lehramt studiere, wären zusätzliche Sprachkurse für mein Curriculum eigentlich nicht vonnöten gewesen, jedoch habe ich mich im Oktober 2020 dennoch spontan für einen Katalanisch-Kurs angemeldet. Ich durfte von da an in eine völlig neue Welt eintauchen. Ich konnte beispielsweise einige katalanischsprachige Gebiete wie Katalonien, València oder die Balearen und deren Kultur aus einem gänzlich neuen Blickwinkel betrachten. Dieser wäre mir verborgen geblieben, hätte ich diese Regionen lediglich aus der hegemonialen spanischen Sprache heraus beurteilt.
Was wird in Katalanisch-Kursen vermittelt?
Die Romanistik bietet derzeit drei Sprachkurse für die katalanische Sprache an („UE Català 1-3“), die jeweils aufeinander aufbauend gestaltet sind. Außerdem gibt es ein Proseminar über die Geschichte Kataloniens, welches ebenfalls auf Katalanisch abgehalten wird und die Sprachkurse wunderbar ergänzt. Im Sommersemester 2022 wird ein Freifach mit Fokus auf katalanischsprachiger Musik angeboten. Es gibt zudem jedes Jahr die Möglichkeit, am österreichisch-katalanischen Sommerkolleg teilzunehmen. Dieses findet alternierend in Katalonien und Österreich für zwei Wochen im Juli statt. Auch ich habe im Sommer 2021 zum ersten Mal daran teilgenommen und viele unvergessliche Momente erlebt.
Gegen Marginalisierung
Die Romanistik positioniert sich mit diesem Lehrangebot ganz klar gegen die Marginalisierung bestimmter Sprachen und deren Kulturen. Das Instituto Cervantes ist neben der Universität Wien übrigens die einzige Institution in Wien, die ebenfalls Katalanisch-Kurse anbietet. Auch Baskisch kann hier erlernt werden.
Warum also Katalanisch lernen?
Warum sollen wir uns in unserer globalisierten und zunehmend (sprachlich) homogenisierten Welt also die Zeit und Muße herausnehmen, um von der dominierenden Kultur minorisierte Sprachen zu lernen? Abgesehen vom Lächeln, das man dem oder der Kellner:in in Barcelona ins Gesicht zaubert, wenn man das Menü auf Katalanisch bestellt, gibt es weitere ganz pragmatische Gründe, warum Katalanisch auch beruflich Türen öffnen kann. Während des Sommerkollegs bekam ich von einer katalanischen Universitätsprofessorin das Angebot, in Lleida als Deutschlehrerin zu arbeiten. Außerdem hat es eine meiner Freund:innen nur durch ihre Katalanischkenntnisse geschafft, sich den Traum eines eigenen Reisebüros zu erfüllen, das für nachhaltige Reisen nach Katalonien abseits des Massentourismus steht.
Mit dem Erlernen einer Minderheitensprache kann man sich also nicht nur ganz klare berufliche und akademische Vorteile verschaffen, sondern sich auch für eine bunte und plurale Gesellschaft einsetzen, in der man ausnahmslos alle Sprachen, deren faszinierende Kulturen und ihre Sprecher:innen würdigt und ihre Vielfalt zelebriert.