Die Umstellung des Lehrbetriebs an der Uni Wien auf digitales Lernen hat zu einer völlig neuen Lehr- und Lernsituation geführt. Die Romanistin Irene Fally erzählt im Blogbeitrag, wie sie ihre Lehrveranstaltung „umgekrempelt“ hat und warum sie auf Lehrvideos setzt.
„Als ich am 10. März nach der ersten Einheit meiner Lehrveranstaltung den Seminarraum verließ, freute ich mich auf ein Semester mit kritischen Fragen und regen Diskussionen. Ich hatte im Februar einige Zeit investiert, um ein Lehrkonzept für meine Arbeitsgemeinschaft Sprachwissenschaft zu entwerfen, das unter anderem stark auf gemeinsames Arbeiten setzte. Doch bereits vier Stunden später wurde klar: Der Universitätsbetrieb wird auf digitales Studieren umgestellt, und mein Lehrkonzept kann in dieser Form keine Anwendung finden.
Plötzlich eine ganze Lehrveranstaltung umkrempeln – das ist keine leichte Aufgabe. Mir wurde schnell klar, dass einige meiner Lehr- und Lernziele abgeändert oder kürzer gesteckt werden müssen. Die Bachelorstudierenden des Lehramts, an die sich meine Lehrveranstaltung richtet, sollen in die linguistische Analyse eingeführt und zum wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Linguistik befähigt werden. Das erfordert, dass sie die Möglichkeit bekommen zu üben, nachzufragen und zu diskutieren. Bedingungen dafür müssen aber in einem Online-Setting erst geschaffen werden, was sich um einiges schwieriger und aufwändiger gestaltet, als in der Präsenzlehre.
Betreutes Üben & Arbeiten
Um den Studierenden das selbstständige Arbeiten zu erleichtern, entschied ich mich dazu, meine Lehre vorwiegend asynchron zu gestalten und ihnen Material in Form von Lehrvideos und Lektüre zur Verfügung zu stellen. In kurzen Screencasts und erklärenden Videos stelle ich die Inhalte vor und gehe Analysemethoden Schritt für Schritt durch. Wöchentlich wird neues Material zur Verfügung gestellt und von den Studierenden bearbeitet. Dass die Lehrveranstaltung asynchron abläuft und die Studierenden eigenständig arbeiten, bedeutet aber keineswegs, dass sie auf sich allein gestellt sind!
Das zur Verfügung gestellte Material kopple ich mit spezifischen Arbeitsaufträgen: So gibt es zur Lektüre Leitfragen und Übungsaufgaben. Für etwaige Fragen gibt es eigene von mir betreute Foren und nach Ablauf einer Woche stelle ich basierend auf den Einreichungen der Studierenden Lösungen zur Verfügung.
Kompetenz im Fokus
Ein besonderes Anliegen ist mir, dass die Studierenden im Laufe des Semesters die Kompetenz entwickeln, eigenständig zu recherchieren und wissenschaftlich zu arbeiten. Das verlangt ein induktives Heranführen an Textarbeit, Literaturrecherche und wissenschaftliches Schreiben. Als Schritt-für-Schritt-Anleitungen konzipierte Aufgaben helfen dabei, verschiedene Herangehensweisen an die Lektüre wissenschaftlicher Texte und an wissenschaftliche Recherche im Allgemeinen kennenzulernen.
Getrennt zusammenarbeiten
Durch Umstellung der Präsenzlehre auf digitales Studieren ist eine völlig neue Situation entstanden, die von uns als Lehrenden mehr denn je ständige kritische Reflexion der eigenen Methoden und eine hohe Flexibilität in Bezug auf das eigene Lehrkonzept erfordert. Paradoxerweise führt die Isolation auch dazu, dass Lehrende und Studierende nicht nur aufeinander eingehen müssen, sondern auch stärker zusammenarbeiten.„