Heiß war dieser Sommer am Mittelmeer und heiß ist es nördlich von Sizilien auch unter dem Meer, wo an der abtauchenden (subduzierenden) Ionischen Platte ständig Magma entsteht, was die Äolischen Inseln und den Ätna zu einer überaus aktiven Vulkanprovinz macht. Vom 28. August bis 5. September nahmen 12 Studierende zusammen mit drei Lehrenden der Erdwissenschaften der Universität Wien an einer Exkursion zu den Vulkanen Süditaliens teil und besuchten dabei gleich drei aktive Vulkane.
Von Neapel nicht nach Stromboli
Treffpunkt war der Hafen von Napoli Mergellina, von wo es mit der Fähre nach Stromboli gehen sollte. Die Inseln machten ihrem Namen alle Ehre. Die stürmische See verunmöglichte eine Überfahrt per Schiff und zwangen uns per Nachtzug nach Milazzo an der Nordküste Siziliens zu reisen. Von dort konnten wir mit einer der wenigen trotz des Sturms noch verkehrenden Fähren nach Lipari, der Hauptinsel des Archipels übersetzen.
Lipari
Lipari ist etwas kleiner als der flächenmäßig größte Wiener Gemeindebezirk (Donaustadt) und damit zu Fuß und öffentlich leicht zu erschließen. Wir besuchten die mächtigen, blendend weißen Bimssteinablagerungen des Monte Pilato und den Rocche Rosse Obsideanstrom, der am nordöstlichsten Sporn der Insel steil ins Meer abbricht. Der Obsidian, das ist schwarzes vulkanisches Glas, klirrt und knirscht unter den Schuhen. Der chemisch idente Bimsstein ist extrem porös und weich, ein Schaum aus Glas, der beim Gehen jegliches Geräusch verschluckt. Das gewaltige Ensemble aus Glas entstand bei der jüngsten Eruption (1220 nChr), als der Bims in Form von rötlich glühende Schaumfetzen durch die Luft geschleudert wurde und der Obsidianstrom sich wie ein glühender Gletscher zum Meer wälzte. Unsere Reise führt uns in Etappen weiter um die Insel mit Blicken auf den ganzen Archipel. Schließlich steigen wir durch das Valle Muria zum gleichnamigen Strand ab, an dem das Meer einen Querschnitt durch die Ablagerungen mehrere vulkanischer Eruptionszyklen freigelegt hat.
Vulcano
Mit der Fähre ging es weiter zur etwas kleineren Insel Vulcano, der südlichsten der Äolischen Inseln. Schon beim Verlassen der Fähre stach einem der Geruch von faulen Eiern in die Nase. Dieser stammt von schwefelhaltigen Verbindungen aus Fumarolen, das sind Stellen, an denen Wasserdampf und vulkanische Gase austreten. Zu sehen bekamen wir solche als wir den Fossa Cone, einen aktiven Vulkan, hinaufstiegen. Aus der Ferne sahen wir den Dampf austreten, umgeben von gelben Matten aus kristallisiertem Schwefel. Lava tritt keine aus, da der zentrale Förderkanal der Fossa von einem Gesteinspfropf verstopft wird. Dadurch baut sich ein Überdruck auf, was in weiterer Folge zu hoch-explosiven Eruptionen führen kann. Große Gesteinsfragmente, die wir am Rand des Kraters fanden, zeugen von der Wucht solcher Ereignisse. Die Fossa brach zuletzt von 1888 bis 1890 aus.
Stromboli
Der Stromboli ist der aktivste Vulkan der Äolischen Inseln. Etwa alle 20 Minuten spuckt er neue Lava, so gut wie dauerhaft hängt eine Wolke vulkanischer Gase über seinem Gipfel.
Nach dem Vormittag auf Vulcano fuhren wir nach Stromboli. Durch die engen Gassen gingen wir zunächst zu unserer Unterkunft, schon nach kurzer Zeit machten wir uns an den Aufstieg zum Aussichtspunkt auf 290m Seehöhe. Vorbei an hohen Gräsern und flachen, teils verkohlten Bäumen stiegen wir durch den Sonnenuntergang auf. Besser gesagt: die meisten stiegen, die vorderste Gruppe rannte. Auf dem Weg erhaschten wir auch einige Blicke auf Strombolicchio, einem kleinen Inselchen vor Stromboli.
Am Aussichtspunkt angekommen sahen wir gleich den ersten Ausbruch. Für viele ist es die erste live Eruption und der Anblick war gewaltig. Erst rauchte es, dann folgte eine Lavafontäne. Schnell war sie vorbei, doch die Lava am Boden glühte noch etwas nach. Nun ging es ans Warten auf den nächsten Ausbruch. Währenddessen wurden Kameras, Stative und eine Drohne ausgepackt. Fleißig wurde fotografiert, geflogen und gestaunt. Um das Ganze noch zu toppen, ging über einem Ausbruch ein Meteor nieder.
Die Sonne ging endgültig unter. In Gruppen kamen viele Leute, alle mit einer Stirnlampe auf dem Kopf, vom höheren Aussichtspunkt an uns vorbei und stiegen ab. Doch für uns war es noch längst nicht Zeit zu gehen. Nach einigen Stunden am Aussichtspunkt stiegen die Professoren und erste Studierende ab, später folgte die nächste Gruppe. Zu sechst blieben wir, mussten immer noch auf den nächsten und nächsten Ausbruch warten. Mit unseren Stirn- und Taschenlampen machten wir uns schließlich auch an den Abstieg, drehten uns jedoch immer wieder um, um weitere Eruptionen zu sehen. An einer Party kamen wir vorbei, deren Gäste bei jedem Ausbruch jubelten.
San Vincenzo am Fuß des Stromboli lag im Dunklen, nicht eine Straßenlaterne leuchtete. Doch sie schlief noch lange nicht. Auf unserem Heimweg kamen wir an einigen gemütlichen Bars und Lokalen vorbei, doch wir waren nun alle bereit für unsere Betten. Dort gegen Mitternacht angekommen, konnte zumindest ich aber nicht sofort schlafen, zu aufregend war dieser Tag!
Salina: Mit dem Schiff rund um die Vulkaninsel
Nach dem spektakulären Abend mit dem Ausbruch am Stromboli erreichten wir tags darauf die zweitgrößte der Äolischen Inseln: Salina. Gelegen am Schnittpunkt zwischen der bogenförmigen Struktur des Archipels und dem Vulkangürtel Salina-Lipari-Vulcano, lässt sie schon von weitem die mächtigen Kegel der Stratovulkane Monte Fossa delle Felci und Monte dei Porri erkennen. Deren Ablagerungen sind jünger (abgeschlossen vor 59-55 tausend Jahren) und dominieren die Fläche Salinas, während ältere Ablagerungen teilweise erodiert und abgetragen wurden. Bei einer Bootsfahrt – mit Schwimmstopp – einmal rund um die Insel, sind nicht nur Ablagerungen der sedimentären Meeresterrassen, welche seit Entstehung der Insel durch Schwankungen des Meeresspiegels entstanden sind, wunderschön zu sehen. Auch die Ablagerungen älterer (beginnend vor 244 tausend Jahren) Eruptionsereignisse, in etwa Pizzo di Corvo, sind wunderbar aufgeschlossen an den Klippen zu erkennen. Mit einer Wanderung über den Monte dei Porri bis hin zu der Caldera Pollara, wird uns durch die immer wechselnden Ablagerungen stumm über die Entstehungsgeschichte des Monte dei Porri erzählt. Eruptiv abgelagerte, lockere pyroklastische Partien wechseln mit massiven, effusiv eruptierten Lavaströmen. Dazwischen befinden sich Lagen von Material, welches auf Vulcano derart heftig eruptiert wurde, dass sie bis Salina transportiert wurden.
Ätna
Abschließend führte unsere Exkursion nach Sizilien zum Ätna, dem mit 3357m höchsten Vulkan Europas. Dort führte uns eine Wanderung ins Valle del Bove, einem bis zu 7km breitem Tal am Osthang des Ätna. Gefüllt ist das Tal mit schwarzem Gestein. Dabei handelt es sich um erkaltete Lavaströme aus den Jahren 1991 bis 1993. Deutlich heller ist das Gestein, das vor allem an der Südseite die Wände des Valle del Bove bildet. Dabei handelt es sich um die Ablagerungen von pyroklastischen Strömen, gefährliche Mischungen aus heißem Gas und Gestein, die sich bei explosiven Vulkaneruptionen bilden und zu Schlammlawinen, sogenannten Laharen, führen können, wenn sie sich mit Wasser vermischen. Glücklicherweise ereigneten sich derartige Eruptionen am Ätna nicht mehr seit den letzten Eiszeiten.
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Dieser Blogbeitrag ist wie eine Mischung aus Abenteuerroman und Wissenschaftsthriller – man kann förmlich die Hitze der Lava spüren und den Schwefelgeruch in der Luft riechen! Was mich besonders fasziniert: Wie habt ihr es geschafft, trotz des stürmischen Wetters und der unvorhersehbaren Naturkräfte, so viel wissenschaftliche Präzision und Akribie in eure Beobachtungen zu legen? Welche Herausforderung war für dich persönlich die größte auf dieser Reise?