„Mit dreizehn Jahren habe ich mich dazu entschieden, Orchestermusiker zu werden. Damals hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich einmal einen Beruf ergreifen würde, in dem ich mein Instrument nicht in den Händen halte. Auf der Suche nach einem Grund für diese 180°-Grad-Drehung gibt es zweifelsohne eine einfache Antwort: die Österreichische Hochschüler_innenschaft (kurz ÖH). Würde man alle ECTS für ÖH-Tätigkeiten, die ich während meiner Studienzeit in fast 10 Jahren ausgeübt habe, zusammenzählen, käme man auf insgesamt ein BA- und ein MA-Studium – zusätzlich zu meinem abgeschlossenen regulären BA- und MA-Studium.
Im Verlauf meines Studiums habe ich schnell festgestellt, dass die Weiterentwicklung der Universität nicht immer im Fokus der handelnden Akteure steht. Das wollte ich ändern und habe begonnen, mich selbst in der ÖH zu engagieren, um mich aktiv einzubringen. Dabei habe ich viele faszinierende Dinge gelernt. Das System der ÖH und ihre unterschiedlichsten Ebenen ist weltweit einzigartig in puncto Rechte und Ressourcenausstattung. Während ich als Student zwar nie die Dienste der ÖH in Anspruch nehmen musste, arbeiteten im Hintergrund immer Leute zu meinen Gunsten und zugunsten meiner Kolleg*innen.
Rückblickend betrachtet war auch mein eigener Anspruch an die ÖH-Arbeit, dass die ÖH eine so gute Vertretung machen sollte, dass die Studierenden selbst einfach „nur studieren müssen“. Das bedeutet auch, dass sich die Studierendenvertretung für mehr einsetzt als für bspw. reine Curriculagestaltung. Eine ÖH ist keine bloße Dienstleistungseinrichtung und ihre Studierenden sind keine Kund*innen. Die ÖH ist die verbriefte Garantie, dass die Meinung der Studierenden innerhalb und außerhalb der Universität ungefärbt, kompromisslos und uneingeschränkt vertreten werden kann. Hierfür engagieren sich viele Studierende neben ihrem Studium ehrenamtlich – eine Tatsache, die leider sehr oft vergessen wird.
Wer die ÖH stärkt, stärkt auch sich selbst. Ein großer Teil der so wichtigen Arbeit, die tagtäglich von den unzähligen Ehrenamtlichen geleistet wird, passiert hinter den Kulissen. Sei es die Gremienarbeit in Curricula- oder Habilitationskommissionen, Verhandlungen mit dem Rektorat oder die Beratung von Studierenden mit zutiefst persönlichen Problemen. Diese für viele unsichtbare Arbeit zu bewerben und zu verkaufen, stellt die ÖH immer wieder vor Herausforderungen. Wie es ein ehemaliger Kollege auf den Punkt brachte: “ÖH-Arbeit is net immer sexy!” Doch auch wenn diese Arbeit nicht immer sexy ist, ist sie doch entscheidender Bestandteil, um das Studium und das Studienleben zugunsten der Studierenden zu verbessern. Macht daher in jedem Fall von eurem Wahlrecht Gebrauch! Man mag die ÖH zwar nicht immer sehen, doch ihr Fehlen wäre umso deutlicher.
Für mich war das Besondere bei der Arbeit, dass man – neben der Verantwortung für sich selbst – in der ÖH lernt, was es heißt, ein Mandat bzw. Verantwortung für seine Kolleg*innen zu übernehmen und vor Funktionsträger*innen unterschiedlichster Stakeholder die Meinung der Studierenden zu vertreten. Oder auch einfach: Füreinander da zu sein!
Aus meiner heutigen Perspektive als Referent für Studium und Lehre an der Uni Wien weiß ich, dass es mit den Vertreter*innen der ÖH nicht immer einfach ist. Nichts desto trotz ist die Perspektive der Studierenden wichtig für die Gestaltung der Hochschulpolitik. Es ist die Aufgabe der ÖH und ihrer Vertreter*innen dafür zu sorgen, dass diese Perspektive immer mit eingebunden wird, so unbequem das für beide Seiten auch manchmal sein kann. Diskutieren wir darüber, wie die Universität zu einem noch besseren Ort wird, als sie ohnehin schon ist!“ – Sebastian Höft