Was ist ein Plagiat und wie wird an der Uni Wien geprüft, ob jemand in der Abschlussarbeit abgeschrieben hat? Wir haben diese Fragen Peter Lieberzeit gestellt: Er ist als Studienpräses die erste Anlaufstelle, wenn es um die Meldung und Überprüfung eines Plagiatsverdachts geht.
„Das Plagiat ist eine Form des wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Dabei handelt es sich um die Übernahme von Texten, Inhalten oder Ideen ohne Angabe der Quelle. Auch die bloße Übersetzung gilt als Plagiat, wenn also ein Text aus einer fremden Sprache wortgetreu übertragen und als eigene Leistung ausgegeben und ohne Quellenangabe verwendet wird“, erklärt Peter Lieberzeit. Weitere Formen des wissenschaftlichen Fehlverhaltens sind das Erfinden oder Fälschen von Daten. „Schließlich gibt es noch das Vortäuschen von wissenschaftlichen Leistungen durch sogenanntes ‚Ghostwriting'“, ergänzt der Studienpräses der Universität Wien.
„Ein Plagiat liegt eindeutig vor, wenn Texte, Inhalte oder Ideen übernommen und als eigene ausgegeben werden. Dies umfasst insbesondere die Aneignung und Verwendung von Textpassagen, Theorien, Hypothesen, Erkenntnissen oder Daten durch direkte, paraphrasierte oder übersetzte Übernahme ohne entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung der Quelle und der Urheberin oder des Urhebers.“ (§ 51 Abs. 2 Ziffer 31 UG)
Was ist „Gute wissenschaftliche Praxis?“
Als Angehörige der Universität Wien sind Studierende genauso wie Forscher*innen und Lehrende prinzipiell dem wissenschaftlich korrekten Verhalten verpflichtet. Das umfasst insbesondere den korrekten Umgang mit Quellen, die korrekte Durchführung von Analysen sowie das eigenständige Verfassen von schriftlichen Arbeiten.
„Grundsätzlich gelten die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis für alle Leistungen, die an der Universität erbracht werden, also sowohl für Leistungen innerhalb von Lehrveranstaltungen – zum Beispiel schriftliche Arbeiten wie Seminar- oder Bachelorarbeiten – als auch für Abschlussarbeiten wie Diplom- und Masterarbeiten sowie Dissertationen“, stellt Peter Lieberzeit klar.
Wie funktioniert die Plagiatsprüfung?
Für alle Abschlussarbeiten an der Universität Wien gibt es für die Einreichung zur Beurteilung ein klar geregeltes Verfahren zur Plagiatsprüfung:
- Arbeit hochladen: Alle Studierenden müssen ihre Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen auf den Hochschulschriftenserver hochladen.
- Software-Check: Auf dem Hochschulschriftenserver werden die Abschlussarbeiten mithilfe spezieller Software auf Textgleichheiten mit bereits veröffentlichten Werken verglichen. Gibt es Übereinstimmungen, werden die betreffenden Passagen zur weiteren Begutachtung markiert. Innerhalb von längstens 24 Stunden erstellt das automatische System einen Prüfbericht.
- Bewertung: Für die Bewertung der Ergebnisse der elektronischen Kontrolle sind die Studienprogrammleitungen gemeinsam mit dem*der jeweiligen Betreuer*in oder einer anderen fachkundigen Person zuständig. Diese nehmen die markierten Textgleichheiten noch einmal genauer unter die Lupe und stellen fest, ob ein Plagiat vorliegt oder nicht.
- Freigabe / Zurückweisung: Wenn alles korrekt ist, wird die eingereichte Arbeit zur Beurteilung durch den*die Betreuer*in freigegeben. Ist dies nicht der Fall, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird die Arbeit aufgrund von Mängeln in der Zitierweise zurückgewiesen und wieder an ihre*n Verfasser*in zur Überarbeitung gegeben oder es wird festgestellt, dass es sich dabei tatsächlich um ein Plagiat handelt.
Was passiert, wenn ich erwischt werde?
Wer unnötigen Ärger und Frust vermeiden will, sollte am besten gleich die Finger vom Abschreiben lassen. Denn eines ist klar: Wenn das wissenschaftliche Fehlverhalten bekannt wird, hat das sehr unangenehme Folgen:
Wenn der*die Studienprogrammleiter*n und der*die Betreuer*n zur Ansicht kommen, dass eine positive bzw. wissenschaftlich korrekte Bearbeitung des Themas nicht mehr möglich ist, muss der*die Studierende eine neue Arbeit zu einem neuen Thema bei einem*einer anderen Betreuer*in verfassen.
Bei prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen wie Seminaren oder Übungen wird anstelle einer Note ein „nicht beurteilt (X)“ in das Sammelzeugnis eingetragen. Das heißt, dass die prüfungsimmanente Lehrveranstaltung zur Gänze wiederholt werden muss – inklusive allfälliger positiv beurteilter Teilleistungen. Die Bewertung „X“ wird dabei zu den maximal vier möglichen Antritten dazugezählt.
„Auch bei Vorlesungsprüfungen kann wissenschaftliches Fehlverhalten vorkommen, zum Beispiel in Form von Schummeln oder der Teilnahme an der Prüfung mit einem falschen Studierendenausweis“, ergänzt Julia Wippersberg vom Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, die Peter Lieberzeit als Vizestudienpräses unterstützt. Auch hier wird anstelle der Note ein „nicht beurteilt (X)“ vergeben. Auch dieses „X“ wird auf die Anzahl der noch möglichen Prüfungswiederholungen angerechnet.
Plagiate, die zum Zeitpunkt der elektronischen Überprüfung nicht gefunden wurden, können auch Jahre später zu Plagiatsanzeigen und einem Verfahren führen. Sollte sich im Zuge dieses Verfahrens herausstellen, dass tatsächlich ein Plagiat vorliegt, wird die betreffende Arbeit nachträglich für nichtig erklärt und der entsprechende akademische Grad aberkannt.
Spezifische Regelungen
Wenn es um die Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis geht, müssen Studierende aber auch auf die Spezifika einer jeden Studienrichtung Rücksicht nehmen. „Abgesehen von sehr grundlegenden Regelungen – korrekter Umgang mit Quellen und Verbot des Erfindens und Fälschens von Daten – kann es in verschiedenen Studienrichtungen durchaus im Detail unterschiedliche Fachkulturen geben“, erklärt Lieberzeit. Wer hier auf Nummer sicher gehen möchte, wendet sich am besten an die zuständigen Studienprogrammleitungen, so der Rat des Studienpräses: „Generell gilt: Keine Angst! Wann immer Sie transparent angeben, woher die Information in Ihren Texten stammt, kann eigentlich nichts passieren.“