Durch illegalen Tier- und Pflanzenhandel ist die Artenvielfalt massiv bedroht. Über aktuelle Gefahren, alarmierende Tendenzen und dringenden Handlungsbedarf bloggen Karina Karik und Theresia Angerer von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät im Rahmen der aktuellen Semesterfrage.
Der illegale Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten ist in den vergangenen Jahren massiv angestiegen und steht zunehmend im Fokus internationaler Bewusstseinsbildungs-Kampagnen. Inwieweit wirkt sich der Parallelmarkt aber tatsächlich auf die Probleme der globalen Gesellschaft aus? Eine Spezies mehr oder weniger – was kümmert uns das?
Ein globales Problem für die heutige Zeit
Viel! Die Ausrottung von Pflanzen- und Tierarten gefährdet nicht nur deren Existenz, sie wirkt sich auch auf diverse Bereiche menschlichen Lebens aus. Der illegale Handel bedroht die biologische Vielfalt als Ganzes und beschleunigt die Zerstörung von natürlichen Ressourcen und Lebensräumen. Stirbt etwa eine Art aus, die in ihrem Ökosystem eine Schlüsselrolle innehat, so gerät das System aus den Fugen. Dieses Phänomen konnte man bei der Wiedereinführung des Wolfes im Yellowstone-Nationalpark in den USA beobachten, als sich mit seiner Rückkehr das natürliche Gleichgewicht und die Relation zwischen Raubtieren, Beutetieren und Vegetation wiederherstellte. Gerade solche Schlüsselspezies sind oft gefährdet und von illegalem Handel bedroht. Durch ihre verletzliche Situation und die wenigen verbleibenden Exemplare rücken sie jedoch umso mehr in den Fokus der Wilderer. Denn je gefährdeter eine Spezies ist, umso begehrter und wertvoller wird sie auf dem Schwarzmarkt.
Internationales Klassenzimmer
Im Rahmen der Lehrveranstaltung “Grenzüberschreitende organisierte Kriminalität: Der illegale Tier- und Pflanzenhandel” (mehr zur Lehrveranstaltung in u:find) haben wir uns gemeinsam mit Studierenden aus der Schweiz und aus Australien mit dem illegalen Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten auseinandergesetzt und Problemfelder erarbeitet. Neben transdisziplinären Vorträgen anerkannter Expert*innen und eingehendem Forschungstraining durften wir den von uns theoretisch behandelten Artenschutz im Tiergarten Schönbrunn auch praxisnah erleben. Unser internationales Klassenzimmer entwickelte sich im Laufe des Projekts zu einem Ideenlabor, in dem wir erste Lösungsansätze erarbeiteten und unsere Leidenschaft für das Thema vertieften.
Folgenschwere Entwicklungen
Das gemeinsame Forschen sensibilisierte uns für die unzähligen Konsequenzen von illegalem Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten, der weitgehend sanktionslos bleibt. So kann etwa die innenpolitische Stabilität der betroffenen Staaten bedroht sein, denn organisierte Kriminalität, Korruption im großen Stil und bewaffnete Konflikte sind fruchtbarer Boden für das Entstehen von Schattensystemen. Eben diese Systeme gehen oftmals den Weg des geringsten Widerstandes und machen sich leicht verfügbare natürliche Ressourcen zunutze.
Trotz allem wird der illegale Handel in vielen Ländern als irrelevant angesehen. Es fehlt nicht nur an Problembewusstsein, sondern auch an rechtlichen Schutzsystemen und insbesondere an ausreichend ausgebildeten Beamten.
Illegalen Artenhandel aufspüren
Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, wie dem illegalen Artenhandel Einhalt geboten werden kann. In dem Zusammenhang ist zu beachten, dass der illegale Artenhandel heimlich stattfindet und in mehrere Stufen gegliedert werden kann. Zu den Stufen zählen beispielsweise die Wilderei/das Ausgraben einer Pflanze, die Verarbeitung und der Verkauf.
Der verdeckte und schrittweise Ablauf des illegalen Artenhandels führt dazu, dass an verschiedenen Stufen angesetzt werden kann, um ihn aufzuspüren. Das Aufspüren ist besonders wichtig, da sonst keine wirksamen Maßnahmen gegen das begangene Delikt gesetzt werden können. Folgende Zeilen sollen daher Einblick in den methodischen Werkzeugkoffer, aus dem sich die mit dem Aufspüren des illegalen Artenhandels Beauftragten bedienen können, bieten.
An der Wurzel ansetzen
Die Wilderei/das Ausgraben einer Pflanze stellt oftmals den Ausgangspunkt des illegalen Artenhandels dar. Durch das präventive Aufspüren kann der illegale Artenhandel und potentiell sogar das Vergehen gegen den Artenschutz selbst verhindert werden. Es ist daher besonders wichtig, bereits in diesem Stadium wirksame Schritte zu setzen. Das Aufspüren von Wilderei liegt etwa in den Händen von Wildhütern, die das Gelände patrouillieren. Drohnen und akustische Fallen – also Geräte, die Störungen der Geräuschkulisse aufnehmen -, sowie Mikrochips und Funkhalsbänder, die an Wildtieren angebracht werden, ermöglichen die verbesserte Überwachung des Areals beziehungsweise der Wildtiere selbst. Wesentlich ist, dass die technischen Gadgets eine rein unterstützende Rolle einnehmen: Ohne Ranger*innen ist das Aufspüren von Wilderei undenkbar.
Konventionelle Methoden
Im Kontext des illegalen Artenhandels können mehrere konventionelle Methoden eingesetzt werden, um diesen aufzuspüren. Als Beispiel hierfür ist die Tatortarbeit zu nennen. Da der illegale Artenhandel stufenweise abläuft, können verschiedene voneinander entfernte Tatorte, die unter Umständen in unterschiedlichen Ländern gelegen sind, koexistieren. Jeder dieser Tatorte lässt Rückschlüsse über den illegalen Artenhandel zu und ist daher in diesem Kontext von Nutzen. Ebenso kann der Einsatz von verdeckter Überwachung sowie der Gebrauch falscher Identitäten durch staatliche Akteure zu Erfolgen beim Aufspüren des illegalen Artenhandels führen. Eine sehr zentrale Rolle nehmen außerdem Grenzkontrollen ein, da der illegale Artenhandel oftmals grenzüberschreitend stattfindet und nicht selten versucht wird, diesen durch Verwendung falscher Dokumente zu verbergen. Insbesondere der Einsatz von Hunden und von Röntgenstrahlung kann positive Resultate mit sich bringen.
Uns kümmert’s!
Wen kümmert nun also die Gefährdung der biologischen Vielfalt, die kontinuierliche Zerstörung natürlicher Lebensräume und das schockierend schnelle Artensterben? Uns kümmert’s! Die Zukunft der bedrohten Tier- und Pflanzenspezies liegt in unseren Händen, jetzt ist der Zeitpunkt um nachhaltige Maßnahmen zu ergreifen, international Aufmerksamkeit zu erregen, Wissen darüber zu sammeln und zu verbreiten, und so Bewusstsein zu bilden – beispielsweise auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen. Angesichts der alarmierenden Tendenzen kann abschließend nur noch gesagt werden: besser heute als morgen!