Was können Lehrende tun, wenn Studierende unterschiedliche Voraussetzungen ins Seminar mitbringen oder es in einer Lehrveranstaltung zu Diskriminierung kommt? Sonja Buchberger vom Center for Teaching and Learning der Universität Wien geht in ihrem Blogbeitrag diesen sensiblen Fragen nach und gibt Tipps zu Lehre & Diversität.
Aus unserer eigenen Umgebung wissen wir vermutlich alle: An der Universität Wien kommen Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Fähigkeiten zusammen. Das Erleben dieser Vielfalt macht Beziehungen an der Universität für uns so besonders. Spürbar wird Diversität im Arbeitsalltag immer, wenn Menschen einander begegnen und miteinander kommunizieren – vor allem auch in den Lehrveranstaltungen.
Doch was bedeutet Diversität für Lehrende? Wie kann man die Potenziale und Begabungen aller Studierenden fördern – und zwar unabhängig von persönlichen Lebenslagen oder Merkmalen? Diese Fragen sind herausfordernd und erfordern spezifische Kompetenzen. Deshalb bietet die Universität Wien verstärkt Unterstützung und Beratung an.
Was passiert an der Uni Wien rund um Vielfalt?
Die ersten Überlegungen, einen Leitfaden zu diversitätsgerechter Lehre zu verfassen, liegen bereits vier Jahre zurück. Das Ziel war vor allem, Lehrenden die Bedeutung des Themas stärker bewusst zu machen und ihr Interesse zu wecken. Da ich für die hochschuldidaktische Qualifizierung von erfahrenen Universitätslehrenden zuständig bin und am CTL zudem das Thema Diversität betreue, begleitete mich die Arbeit daran in den letzten Jahren sehr intensiv.
Etliche Vorarbeiten gipfelten schließlich in einen breiten Diskussions- und Partizipationsprozess. Im Sommersemester 2018 beschlossen die Vizerektorin für Studium und Lehre, mehrere ExpertInnen unterschiedlicher Organisationseinheiten der Universität Wien, Lehrende verschiedener Fachrichtungen und VertreterInnen der ÖH im Rahmen zweier Sounding Boards die finale Fassung des Leitfadens mit dem Titel „Diversität im universitären Lehren & Lernen“. Dieser bietet Lehrenden Anregungen, wie sie Diversität in ihrer Lehre aufgreifen können. Vertieft werden Fragen der konkreten Umsetzung vor allem im Infopool besser lehren.
Zusätzlich dazu können Lehrende eine Vielzahl an Workshops und gestreamte Vorträge zum Thema besuchen. Ein neues Angebot erlaubt es einzelnen Lehrenden auch Lehrendenteams, für ihre diversitätsbezogenen Fragen maßgeschneiderte Weiterbildungen und Beratungen in Anspruch zu nehmen (mehr Infos: Maßgeschneiderte Lehrentwicklung). Alle Maßnahmen inkludieren Reflexion und betonen das Wahrnehmen von Verantwortung in der Beziehung Lehrende/Studierende.
Wie lehre ich diversitätsgerecht? Einige Tipps…
- Ich gestalte meine Lehrveranstaltungen abwechslungsreich und erlaube Studierenden auch Wahlmöglichkeiten.
- Mir ist wichtig, dass Studierende immer wieder die Möglichkeit haben, zusammenzuarbeiten und sich auszutauschen.
- Meine digitale Lehre und (barrierefreie) Lehr-/Lernmaterialien ermöglichen es, weitgehend zeit- und ortsunabhängig zu lernen.
- Eine gute Gesprächsatmosphäre ist mir wichtig. Ich gebe wertschätzendes Feedback und interessiere mich für meine Studierenden und ihre Wahrnehmung meiner Lehrveranstaltung.
- Ich berücksichtige das Recht auf abweichende Prüfungsmethoden als Nachteilsausgleich für Studierende mit Behinderung.
Nein zu Diskriminierung: Für ein gelungenes Miteinander
Herabwürdigende Bemerkungen über Studierende mit Migrationsbiographien, kränkende Witze über den Dialekt eines Kollegen: In Lehrveranstaltungen können Ausschlussmechanismen unterschiedliche Formen annehmen. 2014 führte die Abteilung Gleichstellung und Diversität eine große Studierendenumfrage durch, in der knapp 10 Prozent aller Befragten angaben, Diskriminierung an der Universität Wien selbst erfahren zu haben. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten für diese Dynamiken sensibilisiert werden. Manche Lehrende sind jedoch unsicher, wie sie auf konkrete Vorfälle reagieren können. Neu ausgearbeitete Handlungsempfehlungen helfen dabei, Verantwortung aktiv wahrzunehmen und vor Diskriminierung besser zu schützen.
Das Berücksichtigen von Diversität macht Lehre hochwertiger
Die von der Abteilung Gleichstellung und Diversität ausgearbeitete Diversity-Policy der Universität Wien zielt darauf ab, einen Wandel der universitären Organisationskultur aktiv zu fördern. Dafür erhielt die Universität 2018 den nationalen „Diversitas“-Hauptpreis des BMBWF für Hochschul- und Forschungseinrichtungen.
Das Berücksichtigen von Diversität macht Lehre hochwertiger, weil Studierende erfahren, dass in den Lehrveranstaltungen auf ihre Stärken, Interessen und Bedürfnisse eingegangen wird. Sie fühlen sich wahrgenommen und in der Lehrveranstaltung gut aufgehoben – und das motiviert enorm für das weitere Studium.
Im nächsten Blogbeitrag berichte ich über aktuelle Entwicklungen in der Digitalisierung von Lehre an der Uni Wien.