Cornelius Volk arbeitet gerade an seiner Dissertation am Institut für Alte Geschichte. Aber wie geht das in Zeiten wie diesen, in denen der Zugang zu den Bibliotheken eingeschränk ist? Im Blogbeitrag erzählt Cornelius von aktuellen und lange zurückliegenden Krisen und wie er die Situation meistert.
„Seit Monaten wird von der Corona-„Krise“ gesprochen. Inwiefern wir in einer „Krise“ sind, wird nicht jeder Mensch für sich selbst und für die Welt gleich beantworten. Die Frage nach einer „Krise“ beschäftigt mich auch in meinem althistorischen Dissertationsprojekt – und von dort führt ein Faden in meine ganz aktuelle Umgebung, die nicht um die 1750 Jahre zurückliegt, sondern im Jetzt in meinem Elternhaus in Deutschland, wohin ich mich in Zeiten des digitalen Studierens zurückgezogen habe.
In meiner Dissertation geht es um Raubzüge in das römisch beherrschte Anatolien im 3. Jahrhundert n. Chr., die von verschiedenen Gruppen von nördlich des Schwarzen Meeres aus unternommen wurden. Ich untersuche quellenkritisch den Ablauf und die Ereignisse der Plünderungszüge. Das ist wichtig, um den zweiten Teil einzurahmen: Dort widme ich mich den Verhältnissen in Kleinasien in dieser Zeit, um herausfinden zu können, wie sich diese Invasionen ausgewirkt haben – politisch, wirtschaftlich, sozial. Dahinter stehen im Endeffekt Menschen und Strukturen im Römischen Reich.
Die Krisenfrage
Ich berühre dabei immer wieder eine Frage, die uns aktuell bekannt vorkommen wird: Die sogenannte „Krisenfrage“. Seit gut drei Jahrzehnten steht dieses Problem für das 3. Jh. in der Diskussion: War das Römische Reich in dieser Zeit in einer Existenzkrise? Oder beruht diese Sicht nur auf einer unzutreffenden Interpretation bestimmter Quellen? Und wie empfanden das die Zeitgenossen, wie ist deren Wahrnehmung zu gewichten? Die letzte Frage stellt sich heute für uns im Zusammenhang mit Corona vielleicht noch mehr als den Menschen damals.
Akademisches Arbeiten im Elternhaus
Und noch eine andere Frage hat sich mir wie anderen Promovierenden gestellt: Wie arbeite ich jetzt an meinem Projekt weiter? Für meine Dissertation brauche ich nicht nur Forschungsliteratur, sondern vor allem auch Publikationsbände. Und für den Zugriff darauf brauche ich Haupt- und Zweigbibliotheken, denn derart digitalisiert ist unser Fach (noch) nicht, dass alles von daheim aus zu bekommen wäre. Mein Vorteil in dieser Lage besteht darin, dass ich meist vorbereitend arbeite, scanne, lese, exzerpiere, und kaum zwischendurch schon schreibe. Ich kann also in der jetzigen Zeit in Ruhe schreiben und auf vorbereitetes Material zurückgreifen; dabei muss ich improvisieren und einiges zum späteren physischen Nachschlagen vormerken. Die Lage zwingt damit in gewisser Weise auch zur Kreativität. Ganz abgesehen davon, dass – wie alle wissen, die einmal versucht haben, auf Besuch im Elternhaus etwas Akademisches zu vollbringen – daheim einiges an Disziplin aufzubringen ist.
Aber der Freiraum bringt frische Gedanken zur „Krise“ mit sich – ob zur Lage vor 1750 Jahren oder zur aktuellen. Wie sich die Situation nun mit der beginnenden Öffnung ändert, werde ich nach und nach sehen, sowohl für den Fortschritt meiner Arbeit, als auch in der sich wieder weitenden Realität um mich herum.“
E-Books on Demand? Wie kann ich sozialwissenschaftlicher Daten nutzbar machen? Und wo finde ich eine offene Plattform zum Austausch von Forschungsdaten? Zu den gesamten Forschungsunterstützenden Services der Universitätsbibliothek geht es hier.
Noch ein Tipp für die Lehre in Zeiten von digitalem Studieren: Unter den Digitalisierten Beständen der Universitätsbibliothek Wien lassen sich auch die Offenen Bildungsressourcen des Centers für Teaching and Learning finden, die eine umfassende Sammlung an Lehrmaterial bieten.