Beim Klimaschutz gibt es trotz erster, wichtiger Schritte noch viel zu tun – vor allem im Mobilitätssektor. Mathias Krams vom Institut für Politikwissenschaft erklärt im Blogbeitrag, was Universitäten zur Mobilitätswende beitragen können.
In den vergangenen Jahren ist Klimaschutz ein immer zentraleres Thema geworden. Es gibt allerdings noch viel zu tun – vor allem im Mobilitätssektor: Während in anderen Sektoren die Emissionen leicht zurückgingen, stiegen sie im Bereich Verkehr um über 74 Prozent. Österreich hat damit im EU-Vergleich den zweithöchsten CO2-Ausstoß im Verkehr pro Kopf und gilt international in Sachen Klimaschutz als ‚Low Performer‘.
Ohne eine schnelle und umfassende Mobilitätswende kann das 1,5 Grad Limit nicht eingehalten werden – mit drastischen Konsequenzen. Auch in Wien haben die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor zwischen 1990 und 2019 um 51 Prozent zugenommen. Trotz des ambitionierten U-Bahn-Ausbaus ist man von einer nachhaltigen und umfassenden Mobilitätswende unter Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels noch weit entfernt.
Was heißt Mobilitätswende?
Eine Mobilitätswende ist mehr als eine Antriebswende – also die Umstellung von Verbrenner-Autos auf E-Autos. Vielmehr setzt sie ein grundlegendes Umdenken in der Verkehrsplanung voraus. Seit den 50ern dominierte das Leitmotiv der autozentrierten Stadt. Autos sind äußerst ressourcenintensiv in der Herstellung und auch in der Nutzung: Durch das hohe Gewicht und den niedrigen Besetzungsgrad (im Schnitt 1,15 Personen) wird extrem viel Energie verbraucht. Zudem ist das Auto teuer in der Haltung.
Ein PKW nimmt auch überproportional viel Straßenraum ein. In Wien werden derzeit 27 Prozent der Strecken mit dem Auto zurückgelegt, dafür nimmt das Auto parkend und fahrend jedoch 67 Prozent der Verkehrsfläche ein. Gleichzeitig setzte der ständige Straßenausbau neue Anreize für die Autonutzung, die kontinuierlich zunahm und sich in Österreich seit 1960 verfünffachte. Heute hat Österreich das drittdichteste Autobahnnetz in ganz Europa.
Nachhaltiges Mobilitätsmanagement stellt hingegen nicht den Verkehrsfluss von Autos, sondern die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in den Vordergrund. Ziel ist es, Alltagswege zu verkürzen und Pläne zu entwickeln, dass sich Wege möglichst ressourcenschonend, platzsparend und barrierearm zurücklegen lassen. 2020 etwa wurden neun Prozent der Wege mit dem Rad gefahren, dafür stand jedoch nur ein Prozent der Verkehrsfläche zur Verfügung. Die vorhandene Infrastruktur bestimmt, wie Menschen ihren Mobilitätsbedürfnissen nachkommen. Eine nachhaltige, klimagerechte Mobilitätswende gelingt nur mit einer gerechten Umverteilung des Straßenraums, besseren Öffis, Rad- und Fußgänger*innen-Infrastruktur und Anreize zur Nutzung dieser.
Mobilitätswende in Wien: Noch ein weiter Weg
In dem kürzlich vorgestellten Klimafahrplan der Stadt Wien spiegelt sich das wieder. Um die Klimaziele des Verkehrssektors zu erreichen, will die Stadt den Autoverkehr bis 2030, also innerhalb von acht Jahren, halbieren. Neben der CO2-Reduktion würde das auch positive Begleiterscheinungen wie weniger Verkehrslärm, mehr Sicherheit im Straßenverkehr und eine bessere Luftqualität mit sich bringen.
Weitere ehrgeizige Ziele: Der Energiebedarf im Verkehr soll bis 2040 um 70 Prozent sinken, und alle Wiener*innen sollen bis 2030 autofrei mobil sein können. Maßnahmen, die für das Erreichen der Ziele ausreichend sind, werden hingegen nicht genannt. Vor allem der Ausbau der Rad-Infrastruktur scheitert oft an dem Unwillen der Bezirksvorsteher, die Zahl der Autoparkplätze zu reduzieren.
Auch die Unterstützung der Stadt Wien für die Lobauautobahn sowie der geplante Bau der autobahnähnlichen Stadtstraße führen laut einer Studie der TU Wien zu mehr Autoverkehr und Emissionen in der Stadt. Des Weiteren beruht die Verkehrsplanung neuer Stadtentwicklungsgebiete wie der Seestadt oder dem Nordwestbahnhof auf Verkehrszahlen, die nicht den Zielen des Klimafahrplans entsprechen.
Universitäten in der Mobilitätswende
Auch immer mehr Universitäten wollen ihrer Verantwortung für das Gelingen des sozial-ökologischen Umbaus und der Einhaltung des österreichischen Klimabudgets gerecht werden. Die Universität Wien ist aktuell dabei, eine Treibhausgasbilanz zu erstellen, inklusive einer Roadmap zu ehestmöglicher Klimaneutralität. Auch hier ist das Thema Mobilitätswende nicht wegzudenken.
Zwei Dimensionen stehen dabei im Fokus: Geschäftsreisen und Alltagsmobilität. Bei Geschäftsreisen fallen vor allem Flüge zu kurzzeitigen internationalen Konferenzen ins Gewicht. Denn Flugverkehr verursacht nicht nur fast 30 mal so viel CO2 wie Bahnfahren, durch die Flughöhe schlägt der Treibhausgaseffekt dreimal so stark ins Gewicht. Die Universität Wien hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Anzahl der Flugreisen der ihr angehörenden Personen zu reduzieren. Die Covid-Pandemie hat die Möglichkeiten digitaler Formate enorm erweitert. Teilweise können Flugreisen durch diese kompensiert werden.
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Des Weiteren sollen für Reisen innerhalb Österreichs und jene Reisen, die innerhalb von sechs Stunden mit der Bahn zurückgelegt werden können, die Bahn bevorzugt werden. Sollten dennoch Flugreisen notwendig sein, wird eine zusätzliche Flugabgabe auf Flugreisen eingehoben. Diese Mittel sollen wiederum für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen verwendet werden.
Der zweite Bereich ist der der Alltagsmobilität, der unmittelbar mit der städtischen Mobilitätswende verknüpft ist. Neben der Zuspitzung der Klimakrise ist hier auch die Auswirkung von Verkehrslärm auf den Universitätsbetrieb ein wesentlicher Faktor. Möglichkeiten, als Universität bei der Mobilitätswende Initiative zu zeigen könnten Jobtickets, Koordinieren von Car-Sharing,oder eine bessere Radinfrastruktur sein, zu der beispielsweise auch Zugang zu Duschen im Gebäude gehören könnten.
Um die Mobilitätsbedürfnisse der Uni-Angehörigen zu erfahren und Optimierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten auszuloten, führt die Universität aktuell eine Mobilitätsumfrage durch. Durch deine Teilnahme kann ein wichtiger Beitrag zur Mobilitätswende an der Universität und in der Stadt Wien geleistet werden.