Im Rahmen einer zehntägigen Exkursion der Erdwissenschaften Uni Wien wurden im September die vulkanischen Kanarischen Inseln La Palma und Teneriffa besichtigt. Die Vulkanologie ist ein wichtiges Forschungsgebiet für Sicherheit und Zukunftsplanung für das Leben auf einer Vulkaninsel.
Einleitung
Schwarze Strände, emporragende Vulkane und üppige Waldlandschaften – die Kanarischen Inseln, eine spanische Inselgruppe im Atlantischen Ozean vor der Nordwestküste Afrikas, sind ein Paradies aus Vielfalt und Kontrasten.
Nicht nur für Touristen ein absolutes Traumziel – auch für Geologen haben die Kanarischen Inseln eine Vielzahl an vulkanologischen Phänomenen zu bieten.
Genau aus diesem Grund machte sich diesen September eine Gruppe aus vierzehn Studierenden, zwei Lehrenden und einem Jungwissenschaftler der Erdwissenschaften Uni Wien die Inseln La Palma und Teneriffa zum Ziel.
Barranco de las Angustias – Wanderung auf historischem Ozeanboden
Die ersten vier der insgesamt neun Exkursionstage wurden auf La Palma verbracht, welche im Nordwesten der Kanaren liegt und mit ihren rund 700km2 zu den kleineren der insgesamt sieben Inseln gehört.
Der Barranco de las Angustias ist eine markante Schlucht auf La Palma, die eine zentrale geologische und landschaftliche Bedeutung hat. Sie erstreckt sich vom Herzen der Insel, dem Kratergebiet der Caldera de Taburiente, bis zur Küste im Westen der Insel. Der Barranco fungiert als Hauptentwässerungskanal der Caldera und ist ein beeindruckendes Beispiel für die erosiven Kräfte, die über Jahrtausende hinweg die Insel geformt haben.
Das heutige Landschaftsbild des Barrancos, mit seinen tief eingeschnittenen Schluchten und freigelegten Gesteinsformationen, ist ein Fenster in die Entstehungsgeschichte der Insel und die dynamischen Prozesse, die die Erdkruste geformt haben.
Der Barranco de las Angustias erzählt die Geschichte eines ehemaligen Unterwasservulkans, welcher vor etwa vier Millionen Jahren direkt auf dem Ozeanboden entstand.
Im Laufe der Zeit führte Hebung, kombiniert mit starker Erosion, dazu, dass diese uralten Basaltströme freigelegt wurden. Für Geologen ist dies ein wertvoller Einblick in die Ursprünge der Insel als submariner Vulkan.
Abbildung 2: Wanderung auf dem Meeresgrund (Foto: Moritz Leonardelli)
DER CUMBRE VIEJA – DIE AKTIVE VULKANKETTE IM SÜDEN LA PALMAS
Der Cumbre Vieja ist ein aktiver Vulkanrücken im Süden der Kanareninsel La Palma und zählt zu den dynamischsten geologischen Strukturen der Welt. Dieser Vulkan erstreckt sich über etwa 20 Kilometer von der Inselmitte bis zur Südspitze. Er ist bekannt für seine regelmäßigen Eruptionen, die letzte davon ereignete sich im Herbst 2021.
Die geologische Geschichte des Cumbre Vieja begann vor etwa 125.000 Jahren, als dieser Vulkankomplex die Südhälfte von La Palma dominierte. Der Rücken besteht aus vielen kleineren Vulkanen, welche nach und nach ausgebrochen sind und so die Insel nach Süden erweitert haben.
Nicht nur die Aktivität des Vulkanrückens, sondern auch seine tektonische Instabilität stellen potenzielle Gefahren für das Leben auf La Palma dar. Die Westflanke des Rückens gilt als anfällig für massive Erdrutsche, die durch starke Eruptionen oder Erdbeben ausgelöst werden können. Es wird vermutet, dass ein Erdrutsch solcher Dimensionen Tsunamis auslösen könnte, welche sich weit über den Atlantik fortpflanzen würden.
Die jüngste Aktivität des Cumbre Vieja unterstreicht seine Bedeutung: Am 19. September 2021 begann eine spektakuläre Eruption, die bis zum 13. Dezember desselben Jahres andauerte. Diese war geprägt von explosiven Ascheausstößen, Lavaströmen und der Bildung eines neuen Schlackenkegels. Sie zerstörte viele Häuser und landwirtschaftliche Flächen.
Auch 1971 und 1949 kam es am Cumbre Vieja zu Ausbrüchen. Dies unterstreicht dessen wiederkehrende vulkanische Aktivität und das damit verbundene Gefahrenpotential.
Trotz dessen ist der Cumbre Vieja für Geologen ein spannendes Forschungsgebiet. Er hilft Einblicke über Entstehung, Erweiterung und Veränderungen von Vulkanen, sowie deren Auswirkung auf die Menschheit zu verstehen.
Abbildung 3: Blick von El Paso (Bild: Kaloyan Vasev)
Abbildung 4: Die Verebnung in der Bildmitte ist ehemaliger Lava See am Rücken des Cumbre Vieja (Bild: Julian Leimhofer)
Teide – ein Vulkan im Wolkenmeer
Per Fähre ging die Reise weiter nach Teneriffa. Der erste markante Anblick – Teide. Mit seinen 3.715 Metern ragt er weit über die Passatwolken. So bildet sich rund um den Vulkan ein eindrucksvoller Ring aus Wolken, welcher schon von Weitem imponiert. Teide ist nicht nur der höchste Berg Spaniens, sondern auch der drittgrößte aktive Vulkan der Welt.
Er beeindruckt nicht nur mit seiner Gestalt. Durch seine Höhe hat Teide auch einen entscheidenden Einfluss auf das Klima auf der Insel. Der Vulkan blockiert die Passatwinde aus dem Nordosten, welche Regen und Feuchtigkeit mit sich bringen. Das führt dazu, dass der nördliche Teil der Insel üppig und grün, der Süden jedoch trocken und karg bleibt.
Teide ist ein Schildvulkan, der das Herz des Nationalparks Las Cañadas del Teide bildet. Seine Caldera, eine riesige von steil aufragenden Wänden begrenzte Hochebene, hat einen Durchmesser von ganzen 17 Kilometern. Sie entstand vor etwa 170.000 Jahren durch einen massiven Ausbruch und den darauffolgenden Kollaps des ursprünglichen Vulkangebäudes.
Die Caldera Las Cañadas zeigt eine Vielzahl von vulkanischen Strukturen, darunter Lavaströme, erstarrte Magmakanäle und andere vulkanische Phänomene, die Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Teide geben. Der heutige Teide entstand als neuer Vulkankegel innerhalb der Caldera und wächst seitdem durch wiederholte Ausbrüche weiter.
Der letzte bekannte Ausbruch des Teide fand im Jahr 1909 statt und zeigte, dass der Vulkan weiterhin aktiv ist. Seine vulkanischen Prozesse sind geprägt von effusiven (fließenden) Lavaströmen, aber auch explosiven Phasen, die eine Gefahr für die Umgebung darstellen können.
Abbildung 5: Blick vom Teide auf die Caldera Las Cañadas (Foto: Kaloyan Vasev)
Abbildung 6: Wanderung zum Teide (Foto: Julian Leimhofer)
Warum braucht es Vulkanologen?
Den Abschluss der Exkursion bildete ein Besuch bei ITER (Instituto Technológico y de Energías Renovables), einer Forschungseinrichtung, die sich auf erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit konzentriert.
ITER überwacht mittels diverser Maßnahmen die Aktivität von Vulkanen auf den Kanarischen Inseln. Dies geschieht beispielsweise mittels seismischer Überwachung, Gasaustrittsüberwachungen am Boden über Vulkanen oder auch über die Beobachtungen von Temperaturänderungen. Die konstante Überwachung ermöglicht nicht nur bessere Gefahreneinschätzung, sondern auch die Verbesserung von Vorhersagemodellen.
Die Eruption des Cumbre Vieja auf La Palma im Jahr 2021 zeigt eindrucksvoll die Bedeutung der Arbeit von Vulkanologen. Sie warnten die Bevölkerung frühzeitig vor dem Ausbruch, indem sie seismische Aktivitäten, Bodendeformationen und Gasemissionen überwachten. Diese Vorhersagen ermöglichten die rechtzeitige Evakuierung von über 7.000 Menschen, wodurch zahlreiche Menschenleben gerettet wurden.
Darüber hinaus halfen Vulkanologen dabei, die Auswirkungen der Lavaströme einzuschätzen, die mehr als 1.000 Gebäude zerstörten und große landwirtschaftliche Flächen unbrauchbar machten. Ihre Analysen unterstützten den Wiederaufbau, indem sie sichere Gebiete für die Infrastruktur identifizierten.
Die Eruption 2021 gilt als einer der am besten überwachten und analysierten Vulkanausbrüche der Geschichte und liefert somit ein eindrucksvolles Beispiel für die Bedeutung vulkanologischer Arbeit.
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