Als Profibasketballerin war mein Leben geprägt von Leistung, Zielstrebigkeit und Bewegung. Ich war jahrelang im Ausland, habe hart trainiert und wusste, was ich nach der aktiven Karriere machen wollte: Lehrerin werden – für Bewegung und Sport sowie Psychologie und Philosophie.
Doch 2019 kam alles anders. Mein Körper machte plötzlich nicht mehr mit. Ich war müde, konnte kaum essen, gehen oder denken. Es fühlte sich an, als hätte jemand den Stecker gezogen – von 100 % auf null. Meine Basketballkarriere endete abrupt. Erst nach Monaten der Unsicherheit, unzähligen Arztterminen und Zweifel bekam mein Zustand einen Namen: ME/CFS – eine schwere, chronische Multisystemerkrankung.
Aufgeben war für mich keine Option. Meine Ausbildung als Mentaltrainerin hat mir in dieser Zeit sehr geholfen: kleine Erfolge wahrzunehmen, Entspannungsübungen in den Alltag zu integrieren und mental stark zu bleiben. Auch medizinische Unterstützung war ein zentraler Teil meines Weges. Ich habe Ärzt*innen gefunden, die ME/CFS ernst nehmen und mir durch gezielte Behandlungen helfen konnten.
Mit Unterstützung meiner Familie – und durch die bewusste Entscheidung, mein Studium an meine Möglichkeiten anzupassen – fand ich langsam wieder zurück. Ich nahm mir mehr Zeit fürs Lernen und Schreiben und wählte gezielt Online-Seminare. Wenn es mir körperlich nicht gut ging und ich das offen ansprach, zeigten auch einzelne Lehrpersonen Verständnis: Besonders im Fach Bewegung und Sport konnte ich vereinzelt Sportprüfungen auf spätere Termine verschieben oder statt aktiver Teilnahme Protokolle schreiben.
Lange habe ich mich nicht getraut, offen über meine Erkrankung zu sprechen. Ich empfand sie als Schwäche, gerade weil ich aus dem Profisport kam, wo Leistung und Kontrolle zählen. Doch heute weiß ich: Schwäche ist es nicht, über etwas zu sprechen, das das Leben so sehr verändert. Im Gegenteil – gerade durch Offenheit ergeben sich oft neue Wege und Möglichkeiten: im Studium, im Umgang mit anderen – und im Verständnis füreinander.
Jetzt stehe ich am Ende meines Masterstudiums. Noch immer ist nicht jeder Tag gleich, ME/CFS begleitet mich weiterhin. Aber ich bin hier – und allein das bedeutet mehr, als man von außen sehen kann. Ich erzähle meine Geschichte, um Bewusstsein zu schaffen – für eine Krankheit, die viel zu oft unsichtbar bleibt. Und um Hoffnung zu geben – besonders jenen, die selbst kämpfen.
Julia Pöcksteiner ist Lehramtsstudierende und studiert Bewegung und Sport und Psychologie und Philosophie.
Einen Artikel zu chronischen Erkrankungen wie Long Covid und ME/CFS findest du auch im Wissenschaftsmagazin Rudolphina.